50 Jahre "Ausländerpolitik" - Die Migrationspolitik der BRD im Spiegel des "Archivs der Gegenwart: Deutschland 1949 bis 1999 (AdG)" Zusammenfassung

Diese aufschlussreiche Broschüre beinhaltet einen Essay, der zu einem großen Teil aus Zitaten aus dem 1931 gegründeten und 2004 eingestellten „Archiv der Gegenwart“ montiert ist. Dem Text liegt die Ausgabe auf CD-Rom aus dem Jahre 2002 zugrunde, die sich (West-)Deutschland in der Zeit von 1949 bis 1999 widmet. Der Autor hat akribisch jene Stellen ausgewählt, welche die Entwicklung der Migrationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland über den Zeitraum dieser fünf Jahrzehnte widerspiegeln:

Von der Phase der Gründung der Bundesrepublik über die Ära der Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland und der Demontage des Rechtes auf Asyl führt der Weg hin bis zur Bildung der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD), die mit ihren angekündigten Reformvorhaben in Sachen Zuwanderungsgesetz letztlich insofern scheiterte, als die von ihr beschlossenen neuen Regelungen weiterhin eher geeignet blieben, Immigration zu verhindern.

Deutlich wird, dass die Debatten, welche über die Jahrzehnte hinweg in der BRD zu diesem Themenbereich geführt wurden, in vielerlei Hinsicht auch durch rassistische Ansichten geprägt waren. Nicht zuletzt der Einfluss eines erstarkenden Rechtsextremismus hat hier seine Spuren hinterlassen: Die gegen Einwanderung gerichtete offizielle Politik sowie rechtsextreme Ausschreitungen befruchteten sich lange Zeit gegenseitig.

Auf EU-Ebene machte die BRD auch im Bereich der Migrationspolitik zunehmend ihren Einfluss geltend und sorgte so für eine strenge international abgestimmte Gesetzgebung: Zunehmend wurde hier eine Illegalisierung von Migration betrieben. Lediglich bezüglich eines Kommunalwahlrechtes für EU-BürgerInnen konnte schließlich die Situation hier lebender AusländerInnen zaghaft verbessert werden. Eine breite politische Mitsprache von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit – so wurde im Laufe der Zeit immer wieder erkennbar – blieb jedoch nicht erwünscht.

Des Weiteren tritt jener Diskurs zutage, der unter dem Stichwort Integration eine Anpassung der sogenannten ausländischen Mitbürger forderte.

Allein an der im Zeitverlauf steigenden Anzahl der Stellen im „Archiv der Gegenwart“, die das Migrationsthema betreffen, lässt sich erkennen, dass die Thematik zunehmend hochgespielt wurde. ImmigrantInnen wurden in der BRD eher als Objekte denn als Subjekte der Politik wahrgenommen. Dementsprechend wurden sie auch durchgehend staatlich überwacht und ihre eigenen Meinungen übergangen. Eher sensibel war man da schon gegenüber rassistischen Einstellungen der alteingesessenen Bevölkerung: Während Roland Koch (CDU) bei der Landtagswahl 1999 mit einer gegen AusländerInnen gerichteten Kampagne auftrumpfen konnte und als Wahlsieger hervorging, wurden etwa jene Stimmen von aus der Türkei Zugewanderten überhört, die im Angesicht der rechtsextrem motivierten Gewalt im Land mehr Schutz einforderten. So kann es wohl kaum verwundern, wenn dieser Teil der Bevölkerung sich über das Vorgehen der hiesigen Behörden argwöhnisch äußerte.

Der 27-seitige Essay bringt einen guten Überblick über die Diskurse, die im behandelten Zeitraum zur Migrationsthematik geführt wurden. In neunzehn Abschnitten werden die wichtigsten Etappen wiedergegeben und schließlich bilanziert.

Eine Grafik, welche Zahlenangaben aus dem „Archiv der Gegenwart“ zusammenstellt, macht ebenso den Verlauf der Diskurse deutlich: Interessierte man sich bis zum Ende der 1960er Jahre zunächst vor allem für die Anzahl der in der BRD arbeitenden Menschen ohne deutschen Pass, begann man ab Anfang der 1970er Jahre vor allem anzugeben, wie viele AusländerInnen insgesamt in der Bundesrepublik lebten. Ab Mitte des letztgenannten Jahrzehnts, als die Erwerbslosigkeit in der BRD zunahm, interessierte dann vor allem, wie viele Menschen anderer Staatsangehörigkeit keine Arbeit hatten, bis man dann mit Beginn der Asyldebatte am Anfang der 1980er Jahre besonders die Zahl der Asylsuchenden angab.

Insgesamt erhält man den Eindruck, dass die Migrationspolitik der BRD in der Hauptsache eine Anti-Migrationspolitik war. Der Autor gelangt außerdem zu dem Schluss, dass auch die heute angesichts des Bekanntwerdens jahrelanger rechts-terroristischer Umtriebe wieder über Rechtsextremismus geführte Debatte vor dem Hintergrund dieser Informationen in einem neuen Licht erscheint, da Forderungen aus dieser Ecke im Laufe der Jahre immer wieder von der Politik umgesetzt wurden beziehungsweise rassistische GewalttäterInnen sich durch sie oftmals bestätigt sehen konnten.

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