Die Kleine Göttliche Komödie Zusammenfassung

Führte Vergil den florentinischen Dichter Dante durch die Unterwelt, so führt Schwarz seine Leser in ein zumindest genau so unzugängliches Milieu. Wer hat schon einmal die Gelegenheit, in einem Priesterseminar zu wohnen und dort allerhand zu erleben, was man da gar nicht so vermuten würde? Nicht nur das; Schwarz schickt seine Leser auf Reisen. Sie sind mit ihm in Prag, Rumänien, Salamanca, dem studentischen Freiburg und Karlsruhe. Da wird mal eine Standleitung zu seinem Bruder gelegt, der gerade verzweifelt versucht den Fujiyama zu besteigen, da wird auf dem Lyoner Hauptbahnhof eine Tüte Gras gegen eine Reliquie des Heiligen Maurus getauscht, der wohl, so wie der Autor selbst sagt, gar nicht Maurus sein kann, oder ein seelsorgerisches Gespräch mit einem pensionierten Bomberpiloten geführt. Schwarz nimmt seine Leser mit auf eine Reise, in welcher er teilweise andeutet, in jedem Augenblick auch unter die Gürtellinie gehen zu können, dennoch diese Grenze nicht über; bzw. unterschreitet. Schwarz gelingt es in perfekter Art und Wiese, die teilweise sehr zügellose Doppelmoral der Gesellschaft aufzudecken und nimmt dabei im Besonderen diejenigen auf die Schippe, die sich die Moral eigentlich als Berufsethos gesetzt haben. Auch sich selbst, lässt er nicht raus und zeigt, dass auch er einigen Ansprüchen nicht gewachsen ist.

Da macht er sich, aus Angst vor Vorurteilen und den darin erwähnten übergriffen in Osteuropa, als Priester getarnt auf den Weg nach Rumänien. Zunächst bekommt er es dabei mit korrupten Grenzbeamten in Ungarn zu tun. Diese Hürde überwunden, passiert ihm in Zentralungarn noch ein kleines Missgeschick, durch welches er Kristina, eine junge Rumänin kennen lernt. Kristina hatte gerade ein Erotik Fotoshooting hinter sich und eine unangenehme Situation ist vorprogrammiert.

Auch kristallisiert Schwarz in einigen Dialogen die Doppelmoral der Kirche heraus. So wird auch das Thema der Unauflöslichkeit der Ehe thematisiert und diejenigen, die sich nicht daran halten, erleben ihr blaues Wunder. 

Allerdings, so muss ich konstatieren, schein Schwarz am Ende der ein oder anderen Geschichte einen Kommunikationsabbruch zu betreiben. Da weiß man nicht, ob Schwarz seinen Lesern die weitere Wahrheit vorenthalten möchte, ob er den Leser zum Nachdenken animieren möchte, oder ob ihm die Story ausging. Dieses teilweise abrupte Enden der Geschichten erinnert mich an ein Buch, welches ich zu Beginn dieses Jahrtausends gelesen habe, „die Erben des Odysseus“. Da schreiben junge griechische Nachwuchsautoren Kurzgeschichten, die auch ein offenes Ende haben. Da sitzt man dann da und denkt bei sich, dass diese Geschichte doch noch ein zwei Seiten länger sein könnte.

Bei einer Geschichte weiß ich auch nicht wirklich, ob sie der Realität entspricht, oder ob sie eine Metapher darstellen soll. Zwei junge Priesteramtskandidaten, die bei homoerotischen Praktiken erwischt werden. Zum Schluss wirft einer von ihnen eine brennende Kaugummizigarette aus dem Fenster. Das dürfte, wenn nicht real passiert, dennoch eine passende Metapher für die Kirche sein, die es in der heutigen Welt nicht mehr mit wirklichen Gegnern aufnehmen muss. Wenn doch, gleichen diese „brennenden Kaugummizigaretten“, die keinen wirklichen Flächenbrand und gesundheitlichen Schaden anrichten können.

Bei alle dem, liegt ihm anscheinend der interreligiöse Dialog am Herzen. Selten habe ich ein Werk gelesen, in welchem ein Autor auf so humorvolle Art und Weise zeigt, dass eigentlich alle Menschen an ein und demselben Strang ziehen, sich aber manchmal selbst das Leben schwer machen. Schwarz hat das Zeug zum Entertainer. Bei all diesen Geschichten hat man zusätzlich auch den Eindruck im Philosophie, Geschichts-, Ethik und Religionsunterricht zu sitzen.

Seine Sprache ist dabei wenig gekünstelt und direkt. Er schweift nicht lange umher, sondern kommt im eigentlichen Sinne schnell auf den Punkt, ohne dabei primitiv zu wirken.

Teilwiese werden abstruse Alltagssituationen dabei zu einem besonderen Lesevergnügen und der Leser hat das Gefühl, er stünde der Szenerie genau gegenüber und könne jede Bewegung mitverfolgen.

Da es sich bei der Geschichte um Kurzgeschichten handelt, ist es egal, ob man die letzte Geschichte zuerst oder am Schluss liest. Auch Höhepunkte bietet das Büchlein in jeder Geschichte neu und ein Highlight ist eigentlich in jeder Geschichte neu zu suchen.

Absolut lesens- und lobenswert. 

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